Agri-Photovoltaik: Deutschlands Weg zur Klimaneutralität bis 2045
Einleitung – Photovoltaik in der Landwirtschaft sinnvoll?
Die doppelte Nutzung landwirtschaftlicher Flächen durch Agri‑Photovoltaik (Agri‑PV) wird zunehmend als vielversprechende Lösung für Deutschlands Klima- und Energieziele betrachtet. Aktuelle Studien des Fraunhofer ISE zeigen, dass dieses Konzept nicht nur landwirtschaftliche Betriebe entlasten, sondern auch einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende leisten könnte.
Flächenpotenzial & Klimaziele
Laut einer neuen Analyse könnten auf Deutschlands Agrarflächen zwischen 5 600 und 7 900 GWp Agri‑PV installiert werden. Zum Vergleich: Um das landesweit notwendige Niveau für Klimaneutralität bis 2045 (420–693 GWp) zu erreichen, wären wesentlich geringere Flächen ausreichend. Auch wenn man nur die geeignetsten Flächen nutzt, ließe sich eine Leistung von 500 GWp realisieren – und damit das Ausbauziel für 2040 bereits übertreffen.
Chancen & Synergien
Agri‑PV erlaubt mehr als die reine Stromproduktion:
- Effiziente Landnutzung:
Durch die Kombination von Ackerbau und Energiegewinnung wird der Boden doppelt genutzt – für Nahrungsmittel und saubere Energie. - Regionaler Klimaschutz und Dürreanpassung:
Die Beschattung durch Solarmodule reduziert die Verdunstung und schützt Pflanzen vor extremen Wetterlagen wie Hitze oder Starkregen. - Wirtschaftliche Stabilisierung für Landwirte:
Neben den Einnahmen aus der Stromproduktion bleibt der Ackerbau vollständig erhalten – inklusive EU‑Flächenprämien.
Praxisbeispiel Heggelbach
Die Agri‑PV‐Forschungsanlage bei Heggelbach (BW) ist ein Vorzeigemodell:
– Leistung: 194 kWp, installiert 2016
– Ergebnisse: Kartoffelernte +86 %, Sellerie +12 %, Winterweizen +3 % gegenüber Kontrollfeldern
– Landnutzungseffizienz von bis zu 186 %
– Im Sommer höhere Bodenfeuchte und kühlere Temperaturen zeigen positive Klimaeffekte.
Stimmen aus der Forschung
Max Trommsdorff, Forschungssprecher am Fraunhofer ISE, bringt es auf den Punkt: „Eine Technologie, die das Potenzial hat, den Wasserverbrauch zu reduzieren und die Flächennutzung viel effizienter zu gestalten.“
Herausforderungen & Handlungsbedarf
Trotz aller Vorteile bringt Agri-Photovoltaik auch konkrete Herausforderungen mit sich. So liegen die Investitionskosten in der Regel deutlich über denen herkömmlicher Freiflächenanlagen. Das liegt vor allem an der aufwendigeren Unterkonstruktion, höheren Montagekosten und an der Notwendigkeit, die landwirtschaftliche Nutzung unter den Modulen dauerhaft sicherzustellen.
Auch die betriebstechnische Umsetzung stellt viele Landwirte und Betreiber vor neue Fragen: Die Bewirtschaftung der Flächen erfordert oft spezielle Maschinen oder angepasste Verfahren, etwa bei der Mahd oder Aussaat. Hinzu kommen Themen wie die Integration von Zusatzfunktionen – etwa Bewässerung, Hagelschutz oder Tierdurchgänge – sowie die Akzeptanz in der Bevölkerung und bei Pächtern.
Nicht zuletzt ist der rechtliche Rahmen für Agri-PV bislang nur punktuell definiert. Orientierung bietet derzeit die DIN SPEC 91434, die Mindestanforderungen für Agri-Photovoltaikanlagen formuliert. Darin heißt es beispielsweise, dass mindestens zwei Drittel des landwirtschaftlichen Ertrags im Vergleich zu einer Referenzfläche weiterhin erwirtschaftet werden müssen – ein wichtiger Aspekt, um die Flächennutzung als „landwirtschaftlich“ im Sinne der Förder- und Planungsregeln zu erhalten.
Ausblick: Was jetzt wichtig ist
Damit Agri-Photovoltaik ihr volles Potenzial entfalten kann, braucht es klare politische Impulse und eine gezielte Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen. Besonders gefragt sind transparente Fördermodelle, die nicht nur Investitionen anstoßen, sondern auch den langfristigen Betrieb wirtschaftlich sichern – etwa durch Boni für besonders integrationsfreundliche Anlagenformen oder durch Zuschüsse für die Kombination mit ökologischen Maßnahmen.
Auch technisch stellen sich wichtige Weichenfragen: Welche Systemkonzepte – etwa hochaufgeständerte Reihenmodule oder bifaziale Anlagen – eignen sich für welche Standorte? Und wie lassen sie sich effizient in bestehende landwirtschaftliche Abläufe integrieren, ohne Erträge zu gefährden?
Wirtschaftlich betrachtet müssen sich die höheren Investitionskosten langfristig rechnen – durch stabile Einspeisevergütung, Eigenverbrauch, Pachtmodelle oder neue Vermarktungsformen. Hier braucht es verlässliche Kalkulationsgrundlagen und passende Finanzierungsangebote, besonders für kleinere Betriebe.
Nicht zuletzt spielt auch die gesellschaftliche Akzeptanz eine zentrale Rolle. Agri-PV wird nur dann breite Anwendung finden, wenn Landwirte, Anwohner und Kommunen die Anlagen als Chance begreifen – für Klimaschutz, Biodiversität und regionale Wertschöpfung.
Fazit Agri-PV Förderung und Umsetzung
Agri‑Photovoltaik bietet eine seltene Win‑Win‑Konstellation: Sie verknüpft Landwirtschaft, Klimaschutz und Energiewende in einem Konzept, das bereits heute greifbare Resultate liefert.
Weiterführende Links zu Agri‑Photovoltaik in Deutschland
– Presseinformation Fraunhofer ISE
– Wikipedia: Agrophotovoltaikanlage Heggelbach
– Wikipedia: Agri-Photovoltaik