Drei Modelle für neue Großverbraucher-Regel von der BNetzA
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat ein umfassendes Diskussionspapier veröffentlicht, in dem sie drei konkrete Modelle zur Reform der sogenannten Bandlastregel für industrielle Großverbraucher vorstellt. Bislang profitieren energieintensive Unternehmen von massiven Netzentgelt-Rabatten, wenn sie über das gesamte Jahr hinweg eine gleichmäßige Stromabnahme sicherstellen. Doch genau diese Gleichförmigkeit steht im Widerspruch zur Realität eines Stromsystems, das sich zunehmend auf schwankende Einspeisungen aus Wind- und Solaranlagen stützt.
Mit ihren Vorstoß der drei Modelle für neue Großverbraucher-Regel will die BNetzA den Paradigmenwechsel einleiten: weg von der Belohnung starrer Lastprofile – hin zu einem flexiblen, netzdienlichen Verbrauchsverhalten. Ziel ist es, die industrielle Stromnutzung künftig stärker an die Anforderungen eines dekarbonisierten, zunehmend volatilen Energiemarkts anzupassen. Die bisherige Bandlastregel wird dabei nicht nur als veraltet, sondern als aktives Hindernis für die erfolgreiche Integration erneuerbarer Energien bewertet.
Hintergrund: Die bisherige Bandlastregel
Aktuell profitieren rund 560 Unternehmen – darunter große Akteure aus Chemie, Metallverarbeitung, Glasindustrie, Papierproduktion und Rechenzentren – von reduzierten Netzentgelten. Voraussetzung ist ein Strombezug von mehr als 10 Gigawattstunden jährlich und eine gleichmäßige Nutzung über mindestens 7.000 Stunden im Jahr. Dieses sogenannte Bandlastprivileg belohnt damit genau die Art von konstantem Stromverbrauch, die im heutigen Strommarkt problematisch geworden ist.
„Die bisherige Regelung berücksichtigt nicht ausreichend die Erfordernisse eines flexiblen Stromverbrauchs“, heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Denn: Während Wind und Sonne schwankend einspeisen, benötigen starre Großabnehmer durchgehend Strom – unabhängig von Angebot und Netzbelastung.
Die Reformvorschläge: Drei Modelle für neue Großverbraucher-Regel
Die Bundesnetzagentur schlägt daher vor, künftige Netzentgeltprivilegien an konkrete Systemdienstleistungen zu knüpfen – insbesondere an die Flexibilisierung des Verbrauchs. Drei Varianten werden im Diskussionspapier vorgestellt:
1. Variante A: Spotmarktbasierte Flexibilitätsanreize
Unternehmen sollen sich künftig am Strommarkt orientieren und ihre Lasten an Preissignale anpassen. In Phasen hoher Strompreise sollen sie den Verbrauch senken, bei niedrigen Preisen erhöhen. Die BNetzA nennt als realistisch etwa 3–5 % Abweichung von der Bandlast bei einem Planungsvorlauf von maximal drei Tagen. Kritiker sehen hier jedoch das Risiko, dass Unternehmen eher ihre Referenzlast künstlich starr gestalten, um minimale Abweichungen zu generieren. So würde echte Flexibilität verhindert.
2. Variante B: Netzdienliche Flexibilisierung
Diese Variante setzt auf eine direkte Beteiligung der Industrie an netzdienlichen Maßnahmen. Unternehmen würden dann Privilegien erhalten, wenn sie aktiv zur Netzstabilität beitragen. Das kann etwa durch Drosselung in Engpasssituationen oder durch zeitlich flexible Lastverschiebung geschehen. Hier sieht die BNetzA großes Potenzial, insbesondere in stark belasteten Regionen mit wachsendem Strombedarf.
3. Variante C: Steuerbarkeit durch den Netzbetreiber
Die radikalste Variante sieht eine direkte Eingriffsmöglichkeit des Netzbetreibers vor. Großverbraucher müssten es hinnehmen, dass ihre Bezugsleistung in kritischen Situationen begrenzt oder bei Überangebot angehoben wird. Im Gegenzug würden sie von günstigeren Netzentgelten profitieren. Diese Variante wird als besonders effektiv, aber auch als wirtschaftlich riskant für viele Unternehmen eingeschätzt.
Industrie reagiert mit gemischten Gefühlen
Industrieverbände wie der ZVEI begrüßen die Grundidee einer stärkeren Systemintegration, warnen aber vor überzogenen Anforderungen: „Flexibilität darf nicht zu Wettbewerbsnachteilen führen“, so ein Sprecher. Mittelständische Unternehmen befürchten zudem, dass sie durch die Komplexität der Nachweispflichten oder hohe Einstiegshürden vom Privileg ausgeschlossen werden könnten.
Auch aus dem Bereich der Energieberatung kommt Kritik. So erklärt ein Analyst, dass die Unsicherheit in der Industrie groß sei. Viele Unternehmen wüssten aktuell nicht, ob und wie sie künftig noch privilegiert behandelt würden.
Einführung und Zeitplan
Die Konsultationsphase für die Vorschläge läuft bis zum 21. Oktober 2025. Anschließend will die BNetzA das Feedback auswerten und voraussichtlich Anfang 2026 konkrete rechtliche Umsetzungsentwürfe vorlegen. Die heutige Regelung nach §19 StromNEV läuft zum 31. Dezember 2028 aus – bis dahin soll ein neues, EU-konformes und systemdienliches Modell stehen.
Wie ein Vertreter der Bundesnetzagentur betont, verfolgten die Vorschläge das Ziel, Systemverantwortung fair zu vergüten und nicht den bloßen Stromverbrauch. Flexibilität sei der neue Maßstab.
Drei Modelle für neue Großverbraucher-Regel – das Fazit
Die Industrie steht vor einem tiefgreifenden Wandel im Strommarktdesign. Wer weiterhin von Entlastungen bei den Netzentgelten profitieren will, muss künftig beweisen, dass sein Verbrauch nicht nur wirtschaftlich effizient, sondern auch systemdienlich ist. Damit markiert die Reform der Bandlastregel einen Paradigmenwechsel von der starren Abnahme zur aktiven Netzbeteiligung.
