EU will bis 2030 mit 700 GW Photovoltaik führend in Solarenergie und Klimaneutralität werden

EU-Klimaneutralität

EU will bis 2030 mit 700 GW Photovoltaik führend in Solarenergie und Klimaneutralität werden

Die Europäische Kommission hat am 20. Juni 2025 ein ehrgeiziges Ziel präsentiert: Bis 2030 sollen EU-weit mindestens 700 Gigawatt (GW) Photovoltaik-Leistung installiert sein. Das entspricht fast einer Vervierfachung gegenüber dem Jahr 2020. Die Maßnahme ist Teil der umfassenden Energie- und Klimastrategie „REPowerEU“ und zielt darauf ab, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu beenden und die EU bis 2050 klimaneutral zu machen.

Dieses Ziel ist nicht nur ein Symbol für die europäische Energiewende, sondern auch ein wirtschaftliches Signal. Der PV-Sektor gilt als einer der größten Jobmotoren der kommenden Jahre: Laut Prognosen könnten in Europa bis 2030 über eine Million neue Arbeitsplätze entstehen – vom Modulhersteller bis zum Solarteur auf dem Dach.


Aktueller Stand und Ausbaupfad

Ende 2024 lag die installierte PV-Kapazität in der EU bei rund 338 GW. Zwischen 2022 und 2024 wurden bereits etwa 150 GW zugebaut. Für das laufende Jahr 2025 rechnet die Kommission mit einem weiteren Anstieg von 70 GW. Um das Ziel von 700 GW bis 2030 zu erreichen, müsste der jährliche Zubau ab jetzt im Schnitt bei über 45 GW liegen – eine Herausforderung, die politische Entschlossenheit, Investitionsanreize und technische Umsetzungskraft gleichermaßen erfordert.

Branchenverbände wie SolarPower Europe unterstützen diese Zielmarke. In ihrem aktuellen Marktausblick sprechen sie – je nach Szenario – von 550 bis 700 GW installierter PV-Leistung bis 2028.

Die CEO des Verbandes, Walburga Hemetsberger, mahnt:
„Das Wachstum verlangsamt sich dramatisch. Die EU muss jährlich mindestens 70 GW Solarleistung zubauen, um ihre Klimaziele für 2030 zu erreichen.“


Technologische Vielfalt und Systemintegration

Die EU setzt auf einen breiten Mix an Solartechnologien – darunter klassische Photovoltaik, konzentrierte Solarthermie (CSP), Perowskit-Tandemzellen und hybride Lösungen mit Speicherintegration. Diese technologische Breite ist notwendig, um den unterschiedlichen Anforderungen der Mitgliedstaaten, Netzgegebenheiten und Verbrauchsprofile gerecht zu werden. Nicht zuletzt erlaubt sie auch eine höhere Wertschöpfung in Europa, wenn Produktionskapazitäten lokal aufgebaut werden.

Zunehmend wichtig wird dabei auch die Systemintegration. Der Netzausbau hält mit dem Tempo des PV-Zubaus nicht Schritt. Viele Regionen stoßen an die Grenzen ihrer Anschlusskapazitäten. Auch die Speicherfrage gewinnt an Bedeutung: PPA-Projekte mit Batteriespeichern zur Glättung von Lastspitzen nehmen stark zu, insbesondere in Südeuropa. Diese Systeme erhöhen die Netzstabilität und sichern die Wirtschaftlichkeit langfristiger Projekte.


Neue gesetzliche Anforderungen und Fördermodelle

Ein zentrales Element der Strategie ist die schrittweise Einführung einer Photovoltaik-Pflicht auf Neubauten und öffentlichen Gebäuden. So sollen ab 2027 alle öffentlichen und kommerziellen Gebäude mit mehr als 250 m² Dachfläche verpflichtend mit PV ausgestattet werden. Ab 2029 soll dies auch für private Neubauten gelten.

Parallel dazu plant die EU eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren. Unter dem Begriff „Deployment Zones“ sollen Vorranggebiete für Solaranlagen definiert werden, in denen Genehmigungen schneller und einfacher möglich sind. Ziel ist ein sogenanntes „One-Stop-Shop“-Verfahren zur Beschleunigung von Solarprojekten in allen Mitgliedstaaten. Das würde insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen die Investitionshürden deutlich senken.


Bremsfaktoren und Kritik

Trotz aller politischen Unterstützung gibt es deutliche Warnsignale. Der europäische Branchenverband SolarPower Europe meldete für das Jahr 2024 ein PV-Wachstum von lediglich 4 %, nach über 40 % im Vorjahr. Ursachen sind unter anderem:

– Überlastete Stromnetze, die den Zubau drosseln
– Sinkende Strompreise, die Eigenverbrauch wirtschaftlich unattraktiver machen
– Kürzungen nationaler Förderprogramme, etwa in Frankreich
– Fachkräftemangel, insbesondere bei Installateuren und Planungsbehörden

Walburga Hemetsberger äußerte sich dazu klar:
„Wir laufen Gefahr, hinter unsere eigenen Ziele zurückzufallen. Es braucht dringend koordinierte Maßnahmen auf EU- und nationaler Ebene, um den Ausbau zu stabilisieren.“


Erfolgsbeispiele aus den Mitgliedstaaten

Einige Länder machen vor, wie es gehen kann:

Ungarn hat sein PV-Ziel von 6 GW bereits übertroffen – sechs Jahre früher als geplant. Die Regierung setzt auf einfache Verfahren und lokale Fertigung.
Spanien produziert bereits über 20 % seines Stroms aus Photovoltaik – begünstigt durch ein starkes Netz aus Freiflächenanlagen und ein günstiges Investitionsklima.
Frankreich verfolgt einen langfristigen Ausbauplan bis 2050 mit Zielmarke von 100 GW. Die PV-Integration auf Dächern gewinnt hier an Fahrt.
Deutschland und die Niederlande gehören zur Spitze bei der Pro-Kopf-Leistung, getragen durch hohe Dachnutzungsraten im Wohn- und Gewerbesektor.

Diese Länder zeigen, dass ambitionierte Ziele mit klaren Strategien und konsequenter Umsetzung erreichbar sind – auch wenn die Rahmenbedingungen unterschiedlich sind.


Gesellschaftliche Bedeutung und Chancen

Der PV-Ausbau betrifft nicht nur Investoren und Netzbetreiber. Er hat das Potenzial, breite Bevölkerungsschichten einzubinden – etwa über Bürgerbeteiligungen, Mieterstrommodelle und Energiegenossenschaften. Auch lokale Handwerksbetriebe profitieren durch steigende Nachfrage nach Planung, Montage und Wartung.

Gleichzeitig entstehen neue Anforderungen: von Sicherheitsstandards (etwa für Balkonkraftwerke) über Normierungsprozesse bis hin zur Gestaltung intelligenter Stromnetze, die dezentrale Einspeisung stabil integrieren können. Für die Wirtschaft ergibt sich hier ein Innovationsschub mit europäischem Know-how.


Externer Link zur EU-Quelle

Die offizielle Ankündigung der EU-Kommission mit allen fünf Kernaussagen zur Solarstrategie finden Sie hier: Zur Meldung


Fazit

Das EU-Ziel von 700 Gigawatt PV-Kapazität bis 2030 ist ambitioniert – aber nicht unrealistisch. Es setzt voraus, dass politische Rahmenbedingungen stabil bleiben, Netzinfrastruktur zügig modernisiert wird und Investitionen auf breiter Front weitergehen. Gleichzeitig eröffnet es enorme Chancen für Industrie, Handwerk und Bürger. Die kommenden Jahre werden darüber entscheiden, ob Europa wirklich zum globalen Vorreiter in Sachen Solarenergie wird – oder ob es beim Ziel bleibt.

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