Marktdesign unter Druck: Experten mahnen umfassende Reformen für die Energiewende an

Marktdesign unter Druck

Marktdesign unter Druck: Experten mahnen umfassende Reformen für die Energiewende an

Die aktuelle Bewertung der unabhängigen Expertenkommission bringt das Marktdesign unter Druck. Denn es zeigt deutlich, dass das heutige Strommarktdesign nicht mehr zu einem Energiesystem passt, das immer stärker von Wind- und Solarenergie geprägt wird. Viele grundlegende Regeln orientieren sich noch an einem Markt, in dem fossile Kraftwerke konstant einspeisten und Preisschwankungen überschaubar blieben. Diese Strukturen funktionieren in einer Welt mit volatiler Erzeugung nicht mehr.

Mit jedem neuen Solarpark und jeder zusätzlich installierten Windkraftanlage steigt die Bedeutung eines Marktes, der flexibel reagiert und Investitionen dorthin lenkt, wo sie wirklich gebraucht werden. Laut Kommission reichen kosmetische Anpassungen nicht aus. Stattdessen fordert sie eine grundlegende Neuordnung, die dynamische Erzeugungsprofile, neue Lastspitzen und regionale Unterschiede stärker berücksichtigt.

Die Experten betonen zudem, dass ein modernes Marktdesign nicht nur wirtschaftliche Fragen löst, sondern auch gesellschaftliche Ziele unterstützt. Ein klarer Rahmen für Flexibilität und erneuerbare Energien kann Innovationen beschleunigen, die Energiekosten langfristig senken und Versorgungssicherheit gewährleisten. Damit rückt der Umbau des Marktdesigns in den Mittelpunkt der strategischen Energiepolitik.


Fehlende Anreize bremsen Flexibilität und Effizienz

Die Kommission kritisiert, dass im heutigen Strommarkt entscheidende Preissignale fehlen. Verbraucher und Unternehmen haben kaum Anreize, ihren Verbrauch flexibel zu gestalten oder neue Technologien wie Speicher wirtschaftlich zu nutzen. Besonders in Zeiten hoher erneuerbarer Einspeisung zeigt sich dieses Defizit, wenn Anlagen abgeregelt werden müssen, obwohl gleichzeitig flexible Verbraucher den überschüssigen Strom aufnehmen könnten.

Prof. Claudia Kemper, Mitglied der Expertenkommission zum Energiewende-Monitoring und eine der profiliertesten Stimmen für ein modernes Strommarktdesign in Deutschland, bringt es auf den Punkt:

„Das aktuelle Marktdesign erzeugt zu wenig Anreize, um Flexibilität bereitzustellen und Strom dann zu nutzen, wenn er im Überfluss vorhanden ist. Wenn wir diese Lücke nicht schließen, wird die Energiewende teurer und langsamer, als sie sein müsste.“

Die Aussage macht deutlich, dass nicht die Technologie das Problem ist, sondern der Rahmen, in dem sie eingesetzt wird. Speicher, steuerbare Verbraucher und intelligente Tarife stehen bereit, entfalten ihr Potenzial jedoch nur, wenn der Markt den richtigen Impuls setzt.

Hinzu kommt, dass fehlende Signale auch Investitionen beeinflussen. Unternehmen planen nur, wenn sich Risiken abschätzen lassen. Ohne klare Preismechanismen bleiben Projekte in der Warteschleife, was ein wachsendes Problem vor dem Hintergrund steigender Nachfrage nach Flexibilität und Netzentlastung darstellt.


Netze, Speicher und Verbraucher brauchen klare Signale

Ein zukunftsfähiges Marktdesign muss Speicher, Netze und Verbraucher gezielt einbinden. Dazu gehören flexible Tarife, marktgerechte Rahmenbedingungen für Batteriespeicher und Instrumente, die Lastverschiebungen fördern. Die Experten sehen darin eine der wichtigsten Stellschrauben für die Stabilität des Systems.

Der dezentrale Verbrauch gewinnt dabei stark an Bedeutung. Haushalte mit PV-Anlagen, Speichern oder Wärmepumpen können aktiv auf Preissignale reagieren und damit die Netzbelastung reduzieren. Doch ohne ein Marktsystem, das diese Reaktionen honoriert, bleibt dieses Potenzial weitgehend ungenutzt.

Ein modernes Marktdesign kann zudem regionale Unterschiede besser abbilden. In Netzgebieten mit hoher Erzeugungsdichte braucht es andere Anreize als in Regionen, in denen Nachfragesteigerungen dominieren. Die Expertenkommission fordert deshalb stärker differenzierte Instrumente, um Überlastungen zu vermeiden und Erzeugung effizienter zu nutzen.


Marktdesign unter Druck: Warum der Reformen jetzt besonders wichtig sind

Der Energiemarkt steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Während konventionelle Kraftwerke schrittweise vom Netz gehen, entstehen Millionen neuer Verbraucher – von Wärmepumpen über Elektroautos bis hin zu gewerblichen Speichersystemen. Diese neue Struktur braucht klare Regeln, die den Ausbau erneuerbarer Energien unterstützen und gleichzeitig die Versorgungssicherheit gewährleisten.

Ohne ein modernes Marktdesign drohen wachsende Engpässe, steigende Kosten und wachsende Unsicherheit bei Investitionen. Die Expertenkommission warnt ausdrücklich davor, Reformen weiter aufzuschieben, weil der Markt die Geschwindigkeit der Energiewende sonst nicht mehr abbilden kann.

Auch Netzbetreiber drängen auf Anpassungen. Sie berichten, dass die Zahl kritischer Situationen zunimmt, weil Erzeugung und Verbrauch zeitlich immer weiter auseinanderdriften. Ein neues Marktdesign könnte helfen, diese Lücke zu überbrücken und Netzstabilität langfristig zu sichern.


Neues Marktdesign als Fundament der nächsten Ausbaustufe

Die Expertenkommission sieht in einer Reform des Marktdesigns einen zentralen Baustein für die Zukunft. Ein modernes Marktsystem kann erneuerbare Energien effizienter nutzen, Abregelungen deutlich reduzieren und neue Investitionen gezielt fördern. Damit schafft es die Basis für ein Energiesystem, das nicht nur kosteneffizient, sondern auch robust und klimafreundlich arbeitet.

Je schneller die Politik handelt, desto besser kann das System auf die Anforderungen der kommenden Jahre reagieren. Die Experten machen klar: Der Umbau des Marktdesigns ist keine Option, sondern eine Voraussetzung dafür, dass die Energiewende ihr volles Potenzial entfalten kann.

Deutschland steht damit an einem Entscheidungspunkt. Die technische Basis für ein erneuerbares Energiesystem ist vorhanden, doch ohne passende Marktarchitektur bleibt sie ungenutzt. Ein modernes Marktdesign ermöglicht es, Chancen zu nutzen, Kosten zu senken und Versorgungssicherheit zu stärken. Das wäre ein Schritt, der über den Erfolg der nächsten Jahrzehnte entscheiden wird.

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